Vortrag
am 30.4.2013 in der MGW über das Thema
Konkretionen,
ein spezielles Thema der Sedimentologie
Nachdem
wir uns in diesem Kreis schon ausführlich über magmatische und
metamorphe Gesteine unterhalten haben, soll es diesmal um ein spezielles
Kapitel der Sedimentologie gehen, also der Abteilung der Geologie, die
sich mit den Produkten der Zerstörung von Gesteinen und deren Neubildung
beschäftigt.
Die kleine Vorgeschichte, warum ich dieses nicht allzu umfangreiche, aber
interessante Thema gewählt habe, war ein Anruf eines lieben Freundes,
der mir einen Gesteinsbrocken zeigen wollte, den er bei einem Ausflug
in der Nähe seines Wohnortes bei St. Pölten gefunden hatte.
Wir vereinbarten also einen Treffpunkt und er führte mich nach Rücksprache
mit dem Besitzer in eine nicht weit entfernte Sandgrube, aus der offensichtlich
schon seit vielen Generationen feiner Sand für Bauzwecke in der Umgebung
abgebaut wurde. Nicht nur im Tagbau wurde gebaggert, auch in tiefen Höhlen
mit hohen Eingängen ging man offensichtlich den Schichten besonders
hochwertigen Sandes nach, der nach obenhin noch mit einigen Metern toniger
Schichten überlagert ist.
Sand ist ein klastisches Sediment, viele gehen aus der chemischen und
physikalischen Verwitterung von verschiedenen Gesteinen hervor, der Mineralbestand
kann daher erheblich variieren. Die bei diesen Vorgängen entstandenen
Gesteinsbruchstücke, Abbauprodukte und Neubildungen, werden durch
abfließendes Niederschlagswasser, Eis, Wind oder Schwerkraft aus
dem Gesteinsverband herausgelöst. Sandkörner übernehmen
ihre Formen gewöhnlich von den einzelnen Kristallen, die früher
im Ausgangsgestein miteinander verzahnt waren. Nach dieser Erosion bewerkstelligen
strömendes Wasser, Wind und Gletscher den Transport hang- oder stromabwärts
in die Sedimentbecken, wo sie abgelagert werden.
Diese können kontinental sein, aber meistens sind es der Kontinentalschelf,
der unter Wasser liegende, flach abfallende Rand eines Kontinents, der
sich normalerweise bis zu einer Wassertiefe von ungefähr 200 Metern
oder allgemein bis zur Oberkante des Kontinentalhangs erstreckt oder die
tieferen und sehr tiefen Böden des Meeres, die so von den Verwitterungsprodukten
der Kontinente in teils mächtigen Schichten überlagert werden.
Setzen sich in solchen Sedimentbecken immer mehr Schichten übereinander
ab, wird das ältere, zuvor abgelagerte Material zusammengepresst
und gelangt schließlich innerhalb der Erdkruste in immer größere
Tiefen der Lithosphäre.
Unter der Bezeichnung „Diagenese“ werden nun alle physikalischen
und chemischen Prozesse zusammengefasst, hervorgerufen durch Druck, Temperatur
und chemische Reaktionen, denen die in größere Tiefen versenkten
Sedimente ausgesetzt sind, sie werden dadurch verfestigt, das Porenvolumen
wird drastisch reduziert und sie werden zu festen und harten Sedimentgesteinen
wie eben Sandstein oder Tonstein. Diese Gesteine verbleiben als Bestandteil
der Erdkruste in der Tiefe, bis sie wieder durch tektonische Vorgänge
herausgehoben werden und so an die Erdoberfläche gelangen oder sie
werden unter noch härteren Bedingungen der Metamorphose unterworfen,
wobei sich neue, eben dadurch umgewandelte Gesteine bilden. Eine weitere
Möglichkeit wäre das vollständige Aufschmelzen im oberen
Mantel der Erde, wo sie mit anderen Schmelzen vermischt, nach Millionen
von Jahren durch Magmatismus als Plutonite oder Vulkanite wieder in Erscheinung
treten. Da wäre dann das Recycling vollendet, der neue Kreislauf
kann beginnen.
Durch die Vielfalt der Möglichkeiten, wie solche Prozesse verlaufen
können, kommt es auch zu vielen absonderlichen Erscheinungen im Bereich
dieses immer wieder kehrenden Kreislaufs von Werden und Vergehen, zu überraschenden
und interessanten Gesteinsbildungen, über einige davon will ich erzählen.
Da gibt es unter anderem eine Gruppe, die fasst man unter dem Begriff
der „Konkretionen“ zusammen. Das sind, abgeleitet aus dem
Lateinischen „concretio“ d.h. Zusammenwachsen, innige Verbindung
oder Verdichtung, durch Knollenbildung, kugelige, ellipsoide oder unregelmäßige
Körper von einigen Millimetern bis zu Metern im Durchmesser, manchmal
auch Platten aus verfestigtem Material, die im Wasser entstanden, später
durch Heraushebung in pelitische, staubige oder schlammige Sedimente oder
Sedimentgesteine, z.B. Sand- oder Tonsteine eingebettet sind. Knollen
können sowohl auf als auch gerade unterhalb der Sedimentoberfläche
zur Zeit der Ablagerung wachsen. Sie sind also syngenetischer Herkunft
und können Spuren von bohrenden und Krusten bildenden Organismen
aufweisen. Sie entstehen stets durch Zementation während der Diagenese,
meistens in der ersten Phase vor der eigentlichen Kompaktion, bevor sie
also unter hohem Druck auf ein wesentlich kleineres Volumen unter Volumenkontraktion,
Reduktion des Porenvolumens und gleichzeitiger Entwässerung zusammengepresst
werden. Sie sind dann an diese Ablagerungsschichten gebunden.
Wesentlich für alle Konkretionen ist, dass sie sich aus zirkulierenden
Lösungen bilden, die an irgendeiner Stelle infolge des Vorhandenseins
von örtlichen Keimen oder eines bestimmten chemischen Milieus Stoffe
zur Ausscheidung kommen. Konkretionen bilden sich also durch örtlich
begrenzte Ausfällungen von ursprünglich gelösten Substanzen
aus der unmittelbaren Umgebung, durch wässrige Minerallösungen,
so genanntes Porenwasser, innerhalb des Sediments, manchmal um organische
Reste. Oft ist das ursprünglich vorhandene Sedimentmaterial an der
Zusammensetzung der Konkretion beteiligt, andere Arten von Konkretionen
entstehen durch chemische oder mechanische Verdrängung und können
aus Calzit, Dolomit, Siderit, als Bestandteil des Toneisensteins, Apatit,
Gips, Pyrit oder Markasit bestehen. Sie wachsen konzentrisch von innen
nach außen.
Das ausgeschiedene Material unterscheidet sich gewöhnlich vom Material
der Umgebung. So gibt es beispielsweise Quarzkonkretionen in karbonatischen
Gesteinen oder Pyritknollen in Tonsteinen. Auch Geoden sind solche Konkretionen.
Septarien weisen, durch Schrumpfung verursacht, Risse auf, die sekundär
durch andere Mineralphasen verfüllt sind. Die Vielfalt ist sehr groß
und selbst Gallen- Nieren- und Blasensteine sind bei lebenden tierischen
Organismen häufig auftretende Ereignisse.
Die schon kurz erwähnten Septarien, die mir bis vor kurzem noch unbekannt
waren, sind nun der eigentliche Anlass unserer kleinen mineralogischen
Betrachtung. Septarien sind kugel- oder brotlaibförmige oder knollige
Kalkkonkretationen in kalkhaltigen Tongesteinen, also Mergelsteinen, die
zum Bespiel im Alpenvorland aus durch Druck verfestigtem Schlamm des Molassemeers
gebildet wurden. In ihrem Inneren haben sich im Laufe der Zeit durch Austrocknung
bedingt, radiale aber auch tangentialen Schwundrisse gebildet, die auch
Septen (lat.: saeptum = Scheidewand) genannt werden. Sie entstehen, wie
schon erwähnt, durch Anreicherung und Anlagerung von Calziumcarbonat
infolge Zersetzung organischer Substanzen an diesen Septen. Aber auch
Siderit, Baryt, Quarz oder Pyrit sind mögliche idiomorphe, also freiwachsende
Kristallisationen und Ausfüllungen. Diese Ausfällungen werden
auch durch pH-Verschiebungen in der unmittelbaren Umgebung von abgestorbenen
Lebewesen oder anderen Fremdkörpern ausgelöst und bewirken manchmal
eine Fossilierung, die, wenn sie die Zeiten überdauern, einen deutlich
besseren Erhaltungszustand aufweisen kann. Verwest so ein organischer
Stoff unter Luftabschluss, dann entstehen aus den Eiweissstoffen Amine
und Ammoniak, die den pH-Wert der umgebenden Lösung in den basischen
Bereich verschieben, in dem zum Beispiel Calziumcarbonat ausfällt,
da es im sauren Bereich bei Anwesenheit von CO2 und Wasser als Calziumhydrogencarbonat
deutlich besser löslich ist. Da nun aber die Konzentration des auskristallisierten
Stoffes in der umgebenden Lösung sinkt, es zu einer Untersättigung
kommt, wird durch Diffusion in dem wässrigen Milieu von außen
immer wieder neue, gelöste Minerallösung mit dem karbonatischen
Porenwasser herangeführt und Karbonat ausgefällt. Auf diese
Weise können sich Septarien immer weiter vergrößern bis
die Zersetzung des organischen Materials, also die Ammoniakentstehung,
beendet ist oder aber der Nachschub von Kalk versiegt.
Septarien sind weltweit zu finden und kommen üblicherweise in Tonschiefern
vor. Eine im mittleren Oligozän (etwa vor 30 Mio. Jahren) abgelagerte
Schicht, der Septarienton, erhielt wegen des regelmäßigen Vorkommens
diesen Namen.
Auf Grund ihres im Anschliff oft attraktiven Musters werden große
Exemplare beispielsweise zu Tischplatten oder Bücherstützen,
kleinere zu verschiedenen Schmuckstücken verarbeitet.
Unter Konkretionen versteht man aber auch Gesteinsbildungen, die durchaus
bekannt sind, deren Entstehungsgeschichte aber oftmals nicht allgemein
bekannt ist.
Sand- oder auch Wüstenrosen findet man in nordafrikanischen Wüsten,
in Libyen, Tunesien und Algerien. Sie bestehen aus Gips, welcher in grob-
bis dickblättrigen Konkretionen im Wüstensand vorkommen. Das
rosettenartige Aussehen, der rosenähnliche Habitus dieser Aggregate
gibt ihnen den romantischen Namen.
Sandrosen bilden sich aus sulfatreichen Lösungen in Hohlräumen
des Sandes. Durch die schnell verdunstende Oberflächenfeuchtigkeit
in der Wüste wird Grundwasser durch Kapillarkräfte nach oben
befördert. Im Wasser gelöste Mineralien, vor allem Sulfate,
kristallisieren dabei aus. Sie bilden zusammen mit dem Wüstensand
diese typischen floralen Strukturen und sorgen für unterschiedliche
Farbigkeit der transparenten „Blütenblätter“. Die
Größe der Gebilde kann von Zentimetern Durchmesser bis meterdicken
Kristallen reichen.
Unter sehr ähnlichen Bedingungen kann es auch bei Anwesenheit von
ausreichenden Mengen von Bariumsalzen zur Bildung von Barytrosen kommen.
Da diese aus Bariumsulfat bestehen, sind sie in Wasser vollkommen unlöslich.
Lösskindel werden als kalkhaltige Konkretionen aus Löss definiert.
In lössreichen Gebieten werden immer wieder Objekte gefunden, die
Ähnlichkeit mit Versteinerungen haben, zumeist aber Lösskindel
sind. Sie werden auch Lössmännchen oder Lösspuppen genannt.
Damit sich ein Lösskindel bilden kann sind zwei Bedingungen Voraussetzung,
die Anwesenheit von Löss und Sickerwasser.
Unter dem Begriff Löss wird ein kalkhaltiges, gelblich bis ockerbraunes
und im Pleistozän vor 10000 - 2 Mio) Jahren durch Wind äolisch
verlagertes, so genanntes Lockersediment, verstanden. Die Korngröße
von Löss entspricht der von Schluff (0,002 – 0,63 mm), vorwiegend
aber der Größe von 0,2 – 0,05 mm. Die Zusammensetzung
von Löss variiert mit dem Mineralbestand der Ausgangsgesteine und
der Herkunftsregion. Er besteht zu 60 – 70% aus Quarz, weiterhin
vorhanden sind Glimmerminerale, Feldspäte, kalkhaltige wie Calcit
sowie Tonminerale und geringe Gehalte an Eisenhydroxiden.
Fällt nun Regenwasser auf Lössablagerungen, sickert das Wasser,
geleitet von Poren, Kapillaren und sonstigen Hohlräumen in tiefere
Bereiche. Dabei gehen die kalkhaltigen Bestandteile in Lösung und
werden um Wachstumskeime wieder ausgeschieden. Neben organischen Materialien
wie kleinen Ästchen oder Wurzeln können auch Steine anzulagernde
Wachstumskeime sein, das Löss-Kalkgemisch wächst an diesen an.
Die Formgebung der Lösskonkretionen ist rundlich und unregelmäßig,
erinnert häufig an Puppen, Raupen oder Ingwerknollen. Die Größe
der Bildungen kann bis in den Dezimeterbereich anwachsen.
Cherts, Hornstein und Feuerstein zählen teilweise ebenfalls zu den
Konkretionen. Der Oberbegriff Chert steht für die gesamte Gruppe
der sedimentär und diagenetisch entstandenen Kieselgesteine und hat
sich in der deutschen Fachsprache etabliert.
Die Struktur von Cherts ist sehr feinkörnig, so dass sie sich nur
unter dem Mikroskop (mikrokristallin) und selbst dort kaum oder gar nicht
(kryptokristallin) auflösen lässt. Seine Farbe ist unterschiedlich
und variiert zwischen weiß und schwarz, meist jedoch ist er grau,
braun, gelbbraun oder hellgrün bis rostrot. Die roten und grünen
Farben sind in der Regel auf Beimengungen von Eisen in oxidierter oder
reduzierter Form zurückzuführen.
Die Unterscheidung von Cherts wie Hornstein (nicht zu verwechseln mit
Hornblende, ein Amphibolit) und Feuerstein und die ihrer Varietäten
ist eine ständige Quelle der Verwirrung. Es gibt viele Gesteine und
Minerale, die aus mikro- oder kryptokristallinem Quarz bestehen oder aus
mikroskopisch kleinen Quarzfasern.
Hornstein ist die Entsprechung des englischen Wortes „Chert“,
eine allgemeine Bezeichnung für feinkörnige, kieselige Sedimentgesteine,
die auf biogenem, chemisch-biogenem oder chemischen Wege entstanden sind.
Sie bestehen aus feinkörnigem Quarz mit nur wenigen Verunreinigungen.
Sie sind sehr hart und dicht und splittern mit muscheligem Bruch. Das
Gestein enthält oft Fossilien.
Feuerstein oder Flint ist ebenso ein dichtes, mikrokristallines Gestein,
matt bis glasartig glänzend, der Bruch ist muschelig. Es ist ein
Silizit mit der gleichen chemischen Formel wie Opal – SiO2.nH2O.
Es findet sich in der Schreibkreide oder mergeligem Kalkstein und bildet
sich durch die Verdrängung von Kalziumkarbonat durch Siliziumdioxid.
Es tritt als Knollen oder in mehr oder minder ausgedehnten Platten in
Kalkgesteinen auf. Das Anschlagen liefert klingenartige , scharfgratige
Abschläge, die wohl als erste Werkzeuge und Waffen der Menschheit
in der Steinzeit verwendet wurden.
Im erweiterten Bereich kann man auch die Manganknollen am Meeresboden
in den Tiefseebecken, besonders des pazifischen und indischen Ozeans,
als Konkretionen bezeichnen. Die schwarzen Rohstoffklumpen befinden sich
in 4000 – 6000 m Tiefe und könnten für die Zukunft bedeutsame
Rohstoffquellen darstellen. Allein am Boden des nördlichen Pazifik
mit den meisten Fundstellen sollen es 100 Millionen Tonnen sein. Diese
Konkretionen sind durch einen Ausfällungsprozess beim Zusammentreffen
von gelöstem Mn2+ mit dem relativ hohen Sauerstoffgehalt des kalten
Tiefseewassers als amorphes Gel ausgeflockt, wodurch das Mangan 4-wertig
und unlöslich wurde. Erst durch spätere diagenetische Vorgänge
sind kristallisierte wasserhaltige Oxide und Hydroxide entstanden. Manganknollen
wachsen extrem langsam, in einer Million Jahren etwa 1 – 5 mm. Die
innere Struktur der Knollen ist mit dem Aufbau von Zwiebeln vergleichbar
und enthalten einen schalenförmig aufgebauten Kern, der aus verschiedenen
oxidischen Materialien bestehen kann. Hauptmetalle sind das Mangan mit
27%, 15% Eisen und Kupfer, Zink, Nickel und Kobalt mit unter 1%. Sie stammen
hauptsächlich aus den kontinentalen Sedimenten, submarinen Exhalationsprozessen,
den „Schwarzen Rauchern“ und den Kalkschalen ehemaliger Kleinstlebewesen,
die sich an der Calzitkompensationsgrenze (hoher Druck und hohe CO2 -Konzentration
im kalten Wasser) auflösten. |