Grimmia
pulvinata-Tortula muralis -
eine Moosgesellschaft von Pionieren und Spezialisten TEIL 1
Bruno
Ortner
Prächtige Blumenwiesen, blühende Sträucher, mächtige
Bäume in Vollblüte erfreuen den Naturfreund; sie finden deshalb
mehr Aufmerksamkeit als die für den Laien unattraktiven und eintönig
erscheinenden Moose. Nur eine genaue Bobachtung und eine Untersuchung
mit dem Mikroskop erschließen dem Betrachter eine Vielfalt von wunderbaren
Strukturen, Formen und eine Überfülle mikroskopischer Details.
Die Moose, die Zierlichen und Winzlinge in der Pflanzenwelt, verdienen
wegen ihrer Mannigfaltigkeit und Formenbestimmtheit die besondere Aufmerksamkeit
des Botanikers und Mikroskopikers, will man einen Einblick in das Reich
der Kryptogamenflora bekommen.
„Ein kleiner Spaziergang durch einen Stadt-oder Dorffriedhof wird
die Aufmerksamkeit so manchen Naturfreundes beim Lesen der Grabinschriften
auf die kleinen kissenförmigen Moospölsterchen auf den Grabsteinplatten
gerichtet haben. Bei näherer Betrachtung dieser zierlichen grauen
und grünen Moose erinnert er sich, dass er sie auch in seinem Garten
auf der Mauerkrone oder auf einem mit Zementplatten gedeckten Dach gesehen
hat. Diese Polstermoose bilden eine eigene, stets in auffällig ähnlicher
Artenverbindung wiederkehrende Moosgesellschaft, deren Standorte in der
Hauptsache durch Menschenhand geschaffen sind. Bei günstigen Wachstums-
und Lebensbedingungen genügt schon eine Fläche von der Größe
einer Dachpfanne zur vollen Entfaltung und Entwicklung dieser Mikro-Assoziation,
die wir nach zwei ihrer im nordwestdeutschen Flachlande stetesten Kennarten
als Grimmia pulvinata-Tortula muralis-Assotiation bezeichnen wollen. Diese
wenige Zentimeter hohe Polster und Kissen bildende , etwas lückige
Moosgesellschaft liebt offene, freie, dem Licht und der Sonne voll zugängliche
Standorte. Besonders schön ist sie auf Zementunterlagen ausgebildet,
man begegnet ihr aber auch auf gebranntem Ton. Natürliche Standorte
an Feld- oder Felsgestein meidet sie oder tritt darauf nur mit geringer
Vitalität auf“. So beschreibt der Bryologe Alex v. Hübschmann
(1950) die Grimmia pulvinata-Tortula muralis- Assoziation. Diese Moosgesellschaft
treffen wir mitten in Dorf und Stadt auf Mauerkronen, an steinernen Weg-
und Brückenunterführungen , auf Sockeln von Denkmälern,
auf alten Steingräbern. Die Arten Grimmia pulvinata, Tortula muralis,
Schistidium apocarpum, Hypnum cupressiforme, Homalothecium sericeum, Orthotrichum
anomalum sind die Kennarten der Grimmia-pulvinata - Gesellschaft (A.v.Hübschmann,
1950); die Mehrzahl der übrigen mit hoher Stetigkeit vorkommenden
Arten Bryum argenteum, Ceratodon purpureus, Orthotrichum diaphanum, Amblystegium
serpens, Brachythecium rutabulum sind Begleitmoose dieser Gesellschaft,
die vor allem die oberen, weniger feuchten und stärker belichteten
Teile der Mauern in ausgedehnten, üppigen Beständen bedeckt.Sie
kommt auch an andersartigen Mauern häufig, wenn auch meist weniger
gut entwickelt, vor.
Die
Laubmoose, zu denen die hier behandelten Moose gehören, werden in
zwei Wuchsformtypen unterschieden: Vereinfachend
werden sie in akrokarpe (gipfelfrüchtige) und pleurokarpe (seitenfrüchtige)
eingeteilt. Beide Wuchsformtypen sollen durch die zwei handkolorierten
Lithografien aus JOHANNES Hedwig´S Descriptio et adumbratio microscopico-analytica
muscorum fondosorum (Leipzig, 1787-97) veranschaulicht werden. Die Fachliteratur
der damaligen Zeit wurde mit solchen handkolorierten Lithografien künstlerisch
ausgestattet. Wenn sich die Archegonien an der Spitze des Hauptstammes
oder an gleichwertigen Seitenstämmchen bilden, dann stehen die Sporogone
akrokarp (gipfelfrüchtig) (Abb.1).
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Abb.1:
Schistidium apocarpum: ein akrokarpes Laubmoos. Lithografie (1787-97)
von J.Hedwig |
Die
Stämmchen wachsen daher aufrecht (= orthotroper Wuchs) und sind wenig
verzweigt. Erfolgt die Archegonienbildung an kurzen Seitenästen zu
einer lateralen (pleurokarpen) Stellung der Sporogone, so spricht man
von pleurokarpen (Seitenfrüchtlern) Moosen (Abb.2).
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Abb.2:
Brachythecium rutabulum: ein pleurokarpes Laubmoos. Lithografie
(1787-97) von J.Hedwig |
Die
Hauptstämmchen weisen einen niederliegenden (= plagiotroper Wuchs)
und unregelmäßigen bis stark fiedrigen Wuchs auf. Die in der
Bestimmungsflora von J.-P. Frahm/W.Frey verwendete Unterteilung der Bryidae
in Akrokarpe und Pleurokarpe dient der Erleichterung des Bestimmungsganges
und hat keine systematische Bedeutung. Die Merkmale Akrokarpie und Pleurokarpie
sind in Verbindung mit anderen Merkmalen wie Peristom, Zellnetz und Rippenbau
von sytematischer Relevanz .(Vgl.Frey,W.,1977). Oft ist diese Einteilung
nicht eindeutig. Es gibt niederliegende Moose, die eine akrokarpe Stellung
der Sporogone haben, oder aufrechte (orthotrope) Laubmoose mit pleurokarper
Stellung.
Die
Grundstruktur eines akrokarpen Mooses läßt folgenden Aufbau
der Einzelpflanze erkennen: Gametophyt (Gliederung in: Rhizoide, Stämmchen,
Blättchen) und Sporophyt (Gliederung in: Seta = Kapselstiel, Sporangium
= Sporenkapsel), Sporenkapsel (gliedert sich in: Kapselhals, Theca oder
Urne, Kapselmund, Peristom, Kapseldeckel, Kalyptra = Kapselhaube, ein
Teil des Gametophyten).
Drei
gipfelfrüchtige Moose aus den Kennarten der Grimmia pulvinata, Tortula
muralis, Schistidium apocarpum- Moosgesellschaft wollen wir morphologisch
und anatomisch mit dem Mikroskop genauer untersuchen. Welche präparatorischen
Vorbereitungen müssen wir dazu treffen? Es ist ohne weiteres klar,
dass die Bestimmung eines Mooses um so leichter und sicherer zum Ziele
führen wird, je mehr Merkmale festzustellen sind. Daher muss man
stets bestrebt sein, sowohl den Gametophyten (beblätterte Moospflanze)
als auch den Sporophyten (Mooskapsel) in den Kreis der Betrachtung zu
ziehen. Da es nun zahlreiche Moose gibt, die niemals oder nur selten fruchten,
und ferner der Sporophyt nur zu bestimmten Jahreszeiten zu finden ist,
wird man häufig auf die Mooskapsel verzichten müssen. In diesem
Falle ist der Sammler nur auf die grüne Moospflanze angewiesen.
Die
Bestimmung wird um so sicherer sein können, je größer
die Anzahl der charakterisierenden Merkmale ist. Dazu verhilft die genauere
Betrachtung des Stängels und des Blattes, und dabei besonders der
Rippe, von der zarte Querschnitte mit der Rasierklinge notwendig sind.
Bei der Untersuchung des Mundbesatzes muss die Kapsel zuerst entdeckelt
werden. Sie wird der Länge nach halbiert, die zwei gleichen Hälften
werden in einer 2% igen KOH-Basislösung in einem Löffel durch
langsames Erhitzen bis zum Auftreten der Blasenbildung vorbreitet. Die
Sporen werden mit einem feinen Spatel entnommen, der Sporensack vorsichtig
herausgezogen, das Präparat mit Pinsel und Wasser gereinigt. Sodann
wird die runde Kapselbasis abgeschnitten, damit man ein flaches Objekt
gewinnt, das man auf dem Objektträger einbettet. An der Kapselbasis
(Außenseite) werden die Stomata betrachtet, in der oberen Hälfte
die Rücken- und die Bauchseite des Peristoms. Auch die Blätter
und Stammteile des Gametophyten werden ebenso in Kalilauge aufgekocht
- eine unerlässliche Methode, um trockenes oder gar altes Material
(aus dem Herbarium) weicher zu machen, die natürliche Struktur des
Zellgewebes wiederherzustellen und dem Gewebe Transparenz und Stabilität
zu geben, wodurch das Schrumpfen von Zellen - hervorgerufen durch die
sie umgebenden Wirkstoffe - verhindert wird. Um die Blätter zu untersuchen,
löst man mit einem feinen, scharfen Skalpell die Blätter nicht
durch Abstreifen von oben nach unten, sondern einzeln vom Stämmchen,
damit nicht wichtige Teile des Blattes, die Blattgrund- und Blattflügelzellen,
am Stämmchen haften bleiben. Anschließend werden die präparierten
Objekte in einem Einbettungsmittel (Wasser, Glycerinwasser, Glycerin,
Glyceringelatine) mit dem Mikroskop untersucht. Nun wollen wir an die
Untersuchung der drei bereits genannten gipfelfrüchtigen Moose gehen,
um die (Über-) Lebensstrategien dieser Pionierpflanzen zu verstehen.
Grimmia pulvinata (Hedwig) Sm. Polster-Kissenmoos
Charaktermoos sonniger, trockener, kalkreicher Standorte, Felsen und Steine,
auch an Kalk- und Grundgebirgsgestein in der Ebene bis in die niedere
Bergregion. Die kleinen, dicht geschlossenen, blaugrünen bis schwärzlichen,
grau schimmernden , pelzig aussehenden Polster sind für den Mikroskopiker
zur Untersuchung leicht zu beschaffen, weil sie auf den Betonmauern fast
überall anzutreffen sind. Die flach gewölbten Polster (Abb.4)
 |
Abb.4:
G.pulvinata: dicht gewölbter Polster, grau durch die Glasspitzen,
mit hängenden eiförmigen Kapseln |
sind
einige cm breit. Das Moos ist unsere am weitesten verbreitete und häufigste
Grimmia- Art. Die Pflanze ist selten über 15mm lang, wurzelt (Rhizoiden)
nur an der Basis. Der Stängel (Abb.5, 5a)
 |
Abb.5:
G.pulvinata: feuchte Pflanze mit aufrecht abstehenden Blättern.
|
 |
Abb.5a:G.pulvinata:
trockene Pflanze mit anliegenden Blättern(Verdunstungsschutz) |
verzweigt
sich gabelteilig und besitzt einen Zentralstrang ( Abb.6)
 |
Abb.6:
G.pulvinata: Stammquerschnitt mit gut begrenztem Zentralstrang. |
( analog
zum Körper der Gefäßpflanzen; morphologisch einfach gebautes
Leitbündel), der mit prosenchymatischen Zellen (ein Bündel langgestreckter,
meist dünnwandiger Zellen mit schiefen Querwänden, das sich
vom parenchymatischen Grundgewebe abgrenzt) die Leitfunktion für
Wasser und Assimilate übernimmt. Nicht immer durchsetzt der Zentralstrang
den Stängel in ganzer Länge. Die Blätter liegen im trockenen
Zustand dem Stamm locker (Abb.5a)
 |
Abb.5a:G.pulvinata:
trockene Pflanze mit anliegenden Blättern(Verdunstungsschutz) |
an und
sind etwas verbogen, angefeuchtet (Abb.5)
 |
Abb.5:
G.pulvinata: feuchte Pflanze mit aufrecht abstehenden Blättern. |
etwas
zurückgekrümmt, dann mehr oder minder abstehend, oberwärts
gekielt, im Querschnitt V-förmig. Die Blattform (Abb.7)
 |
Abb.7:
G.pulvinata: Blatt verlängert eiförmig, in der Mitte am
breitesten, plötzlich in die Glasspitze verschmälert. |
ist
verlängert eiförmig oder verlängert länglich-lanzettlich
, in der Mitte am breitesten, an der stumpfen Spitze (Abb.9)
 |
Abb.9: G.pulvinata: Rippe endet knapp vor der Spitze, Blattspitze
gezähnt und etwas herablaufend, Zellen der Lamina unregelmäßig
rundlich quadratisch.
|
plötzlich
in ein langes , feingesägtes Glashaar auslaufend. Die Laminazellen
sind stark verdickt und manchmal schwach getüpfelt, an der Basis
(Abb.10a)
 |
Abb.10a:
G.pulvinata: Zellen der Basis rechteckig, bis 4 mal so lang wie
breit, mäßig verdickte, schwachbuchtige Wände. |
nächst
der Rippe rechteckig, bis 4 mal so lang wie breit, gegen die Ränder
zu kürzer bis quadratisch, in der Blattmitte (Abb.10)
 |
Abb.10:
G.pulvinata: Zellen der Blattmitte rechteckig bis quadratisch, mit
buchtig verdickten Wänden.
|
rechteckig
bis quadratisch und mit verdickten Wänden, im oberen Teil (Abb.9)
 |
Abb.9:
G.pulvinata: Rippe endet knapp vor der Spitze, Blattspitze gezähnt
und etwas herablaufend, Zellen der Lamina unregelmäßig
rundlich quadratisch. |
des
Blattes rundlich – quadratisch, 8-11 µ queroval, mit verdickten
Wänden. Beide Ränder sind bis oberhalb der Blattmitte umgerollt,
in der Spitze flach und zweischichtig. Die Blattrippe (Abb.11)
 |
Abb.11:
G.pulvinata: Querschnitt durch die Rippe: mit 2 Deutern, Begleitern.
|
ist
fast durchgehend gleich breit (60 – 70 µ), an der Basis flach,
mit 2 ventralen Deutern ( = Zellen von auffallender Größe,
meist in der Mitte der Rippe ventral von andersartigen Zellen umgeben,
führen Wasser, haben eine Ähnlichkeit mit Holzparenchymzellen
und sind an den Längswänden mit Tüpfeln ausgestattet )
und Begleiterzellen (= zarte, dünnwandige Zellen auf der dorsalen
Seite der Deuter; sie treten niemals ohne diese auf, dienen ebenso der
Wasserleitung ). Ein sehr dünner Blattquerschnitt durch die Rippe
ist unbedingt erforderlich, um die anatomischen Merkmale für die
Bestimmung zu erkennen. Die Seta ( Abb.4, 13)
 |
Abb.4:
G.pulvinata: dicht gewölbter Polster, grau durch die Glasspitzen,
mit hängenden eiförmigen Kapseln |
 |
Abb 13: G.pulvinata:
junge, grüne, kurz gestielte Kapsel, in den Rasen herabgebogen. |
ist
feucht herabgebogen, 2 bis 4 mm lang, bräunlich, unten rechts und
oben links gedreht; Kapsel (Abb.4) horizontal oder hängend, ellipsoidisch
oder länglich, mit 9 oder 10 deutlichen Längsrippen (Abb.14),
 |
Abb.14:
G.pulvinata: kastanienbraune ältere ellipsoidische Sporenkapsel,
im trockenen Zustand stark längsfurchig; Haube: schief mützenförmig
, 3-5lappig, unter den Deckel herabreichend.
|
zuletzt
kastanienbraun, über die Blätter emporgehoben, trocken stark
längsfurchig (Abb.15);
 |
Abb.15:
G.pulvinata: Reife Sporenkapsel mit geöffnetem Peristomkranz.
|
Peristomzähne
(Abb.16)
 |
Abb.16:
G.pulvinata: Peristomzähne purpurn, papillös, an der Spitze
2-3 spaltig; Sporen 8-13µ, schwach punktiert. |
purpurn,
papillös, an der Spitze 2 – 3spaltig. Sporen 8 – 13 µ,
schwach punktiert, reift im Frühjahr bis Frühsommer. Haube Abb.13,
14)
 |
Abb
13: G.pulvinata: junge, grüne, kurz gestielte Kapsel, in den
Rasen herabgebogen. |
 |
Abb.14: G.pulvinata:
kastanienbraune ältere ellipsoidische Sporenkapsel, im trockenen
Zustand stark längsfurchig; Haube: schief mützenförmig
, 3-5lappig, unter den Deckel herabreichend. |
schief
mützenförmig, 3 – 5lappig, bis unter den Deckel herabreichend.
Das Moos findet man an sonnigen, trockenen, kalkreichen Mauern, an Setzstein-
und Betonmauern, Felsen und Steinen, meistens an nährstoffreichen
Flächen, auf Beton, Asphalt und Dächern, auf Blöcken in
Trockenrasen.
Schistidium apocarpum (Hedwig) Bruch & Schimper Verstecktfrüchtiges
Spalthütchen
Mittelgroße Pflanzen, in dichten oder lockeren Polstern (Abb.17),
 |
Abb.17:
Schistidium apocarpum: lockere Polster, büschelig oder niederliegend. |
büschelig
oder niederliegend, oberer Teil oliv bis schmutzig grün, unterer
Teil braun bis matt schwärzlich, gegen das Sproßende fast rot.
Stämmchen (Abb.18,19)
 |
Abb.18:
Schistidium apocarpum: trockene Pflanze mit eingesenkten Sporogonen,
Blätter am Stamm dicht anliegend (Verdunstungsschutz) |
 |
Abb.19: Schistidium
apocarpum: feuchte Pflanze mit weit abstehenden Blättern. |
bis
12 cm lang, mehrmals gabelig geteilt, gegen die Basis stark wurzelhaarig,
Blätter trocken anliegend (Abb. 18).
 |
Abb.18:
Schistidium apocarpum: trockene Pflanze mit eingesenkten Sporogonen,
Blätter am Stamm dicht anliegend (Verdunstungsschutz) |
Stengelquerschnitt
(Abb.20):
 |
Abb.20: Schistidium apocarpum: Stammquerschnitt: Zentralstrang,
Grundgewebe locker, gelb-und dickwandig, 2-3 verdickte Stereidzellen. |
rund,
mit undeutlichem (< 5 Zellen) oder fehlendem Zentralstrang, Grundgewebe
locker, gelb, außen 2 bis 3 Lagen verdickter Stereidzellen. Blätter
(Abb.19)
 |
Abb.19: Schistidium apocarpum: feuchte Pflanze mit weit abstehenden
Blättern.
|
aufrecht
bis aufrecht abstehend, obere Blatthälfte (Abb.21)
 |
Abb.21:
Schistidium apocarpum: Blatt: aus eiförmiger Basis,länglich-lanzettlich,
zugespitzt, ganzrandig, in der oberen Hälfte stark gekielt. |
scharf
gekielt, aus eiförmiger Basis lanzettlich zugespitzt, mit längerem
oder kürzerem Endhaar, von der Basis bis zur Spitze Ränder umgerollt.
Rippe( Abb.25)
 |
Abb.25:
Schistidium apocarpum: Blattrippe im Querschnitt homogen, die 2
Bauchzellen kaum verschieden. |
oberen
Teil mit Papillen, als gezähntes Haar(Abb.24)
 |
Abb.24:
Schistidium apocarpum: Blatt mit auslaufendem Glashaar, Haar am
Grunde breit und seitlich herablaufend und gezähnt, Randzellen
etwas stärker verdickt.
|
austretend,
Haar am Grunde breiter und seitlich herablaufend; Lamina glatt, einzellschichtig
mit zweizellschichtigen Streifen und Flecken, Laminazellen (Abb.22, 22a)
 |
Abb.22:
Schistidium apocarpum: Zellen der Basis bis über die Blattmitte
hinaus; sehr kräftig.
|
 |
Abb.22a: Schistidium
apocarpum: Zellen am Blattgrund sind dickwandig, mit mehr oder minder
buchtigen Wänden, im Mittelfeld des Blattgrundes rectangulär. |
dickwandig,
auch oberhalb (Abb.23)
 |
Abb.23:
Schistidium apocarpum: Zellen vom Rand des Blattes in der Blattmitte,
dickwandig und buchtig. |
der
Blattmitte verlängert und buchtig. Kapseln ( Abb.17,18)
 |
Abb.17:
Schistidium apocarpum: lockere Polster, büschelig oder niederliegend. |
 |
Abb.18: Schistidium apocarpum: trockene Pflanze mit eingesenkten Sporogonen,
Blätter am Stamm dicht anliegend (Verdunstungsschutz)
|
meist
tief eingesenkt, rot, fast kugelig, oval bis fast verkehrt eiförmig,
regelmäßig ohne Längsstreifen, entdeckelt meist weitmündig
(Abb.26,27);
 |
Abb.26:
Schistidium apocarpum: Rasen mit geöffneten Kapseln (die Sporen
entleerend), Seta 0,35 mm lang. |
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Abb.27: Schistidium
apocarpum: Peristomzähne der Kapsel, rot, spreizend bis squarrös,
mit aufwärtsgebogenen Spitzen, im Uhrzeigersinn gekrümmt
,Kapsel derb, braun, weitmündig. |
Haube
sehr klein, nie unter den Deckel(Abb.28)
 |
Abb.28:
Schistidium apocarpum: Deckel der Kapsel: gewölbt, kurz, schief
geschnäbelt, mit losgelösten Peristomzähnen. |
reichend,
Deckel (gewölbt, kurz schief geschnäbelt ) mit Columella ( =
zentral gelegenes Säulchen in der Kapsel des Sporogons) abfallend;
Seta ( 0,35 mm ) viel kürzer als die Kapsel, gerade, Fuß meist
angeschwollen. Peristom tief inseriert, Vorperistom angedeutet, Zähne
(Abb.29)
 |
Abb.29: Schistidium apocarpum: Peristomzähne breit lanzettlich,
manchmal durchlöchert und rissig, an der Spitz gespalten, purpurn
, papillös. Sporen 8-15µ
|
breit
lanzettlich, nicht durchbrochen oder durchlöchert und rissig, öfters
an der Spitze gespalten, spreizend bis squarrös (Abb.27),
 |
Abb.27:
Schistidium apocarpum: Peristomzähne der Kapsel, rot, spreizend
bis squarrös, mit aufwärtsgebogenen Spitzen, im Uhrzeigersinn
gekrümmt ,Kapsel derb, braun, weitmündig. |
mit
aufwärts gebogenen Spitzen, rot, papillös, Außenschicht
stärker entwickelt mit vortretenden Querleisten, Sporen 8 bis 10
µ, bräunlich gelb, glatt oder granuliert. Ökologie: An
trockenem bis feuchtem, nährstoffreichem Karbonat- und Silikatgestein,
meist in luftfeuchter, schattiger Lage, besonders an periodisch überschwemmten
Blöcken an Bächen und Flüssen, auch an Mauern, Beton, Eternit.
Tortula muralis Hedw. Mauer Drehzahn
Polsterartiger, flacher, dichter Kurzrasen (Abb.30),
 |
Abb.30:
Tortula muralis: dichter Polster, bläulichgrün, grau schimmernd
(durch die Glashaarspitzen), innen mit Rhizoidenfilz.
|
meist
ausgedehnt, bläulichgrün, matt ,hellgrün, durch die Haarspitzen
grau schimmernd, 5 bis 15 mm hoch. Der Stängel ist gabelig geteilt,
besitzt einen großen Zentralstrang (Abb.36),
 |
Abb.36:
Tortula muralis: Stammquerschnitt mit Zentralstrang (groß,
lockerzellig, undeutlich begrenzt). Grundgewebe und Rinde dünnwandig. |
der
lockerzellig undeutlich begrenzt ist; Grundgewebe und Rinde sind locker.
Pflanzen (Abb.35)
 |
Abb.35:
Tortula muralis: Blätter der Pflanze unter dem Schutz der Glashaare. |
sind
frisch rosettig beblättert. Blätter (Abb.31)
 |
Abb.31:
Tortula muralis: reife Sporophyten mit länglich zylindrischen
Kapseln, meist etwas gekrümmt, braunrot, zuletzt schwärzlich.
|
aufrecht
abstehend, trocken locker anliegend gefaltet, einwärts-gebogen und
etwas leicht gedreht und verbogen; die unteren Blätter länglich
lanzettlich, die oberen (Abb.37)
 |
Abb.37:
Tortula muralis: Blätter zungen-spatelförmig (2-3 mm lang)
aufrecht abstehend, trocken gefaltet, einwärts gebogen anliegend
und etwas gedreht,Rand bis zur Haarspitze breit und kräftig
umgerollt. |
verlängert
zungen-spatelförmig ( 2-3 mm lang), stumpf, abgerundet, oft etwas
ausgerandet, selten kurz zugespitzt, Rand oberwärts bis zur Haarspitze
breit und kräftig umgerollt; Lamina (Abb.46)
 |
Abb.46:
Tortula muralis: Lamina einschichtig, beiderseits mit C-förmigen
Papillen (Draufsicht) |
einschichtig,
beiderseits mit C-förmigen Papillen. Laminazellen oberwärts
(Abb.40,41) rundlich-quadratisch ( 9 – 12 µ), nach unten (Abb.39)
 |
Abb.39: Tortula muralis: Ausschnitt aus der Blattmitte mit kräftiger
brauner Rippe ,die sich durchs ganze Blatt zieht, Zellen rundlich
quadratisch.
|
quadratisch,
am Grunde (Abb.38)
 |
Abb.38:
Tortula muralis: Zellen des Blattgrundes rechteckig und dünnwandig,
hyalin, ohne Papillen. |
wasserhell,
rechteckig und verlängert–sechsseitig, dünnwandig, Papillen
fehlend. Rippe (Abb.39,40,41)
sehr
kräftig, als sehr langes, glattes, hyalines Haar, selten als gelblicher
Endstachel auslaufend, Bauchseite (Abb.45)
 |
Abb.42:
Tortula muralis: Rippe und Lamina quer mit Bezeichnungen |
der
Rippe sehr dicht papillös, am Rücken glatt, bikonvex, 2 mediane
Deuter , 4 bis 5 weitlichtige Bauchzellen ( die mittleren meist doppelschichtig),
eine große Begleitergruppe, unterseits ein mehrschichtiges Stereidenband,
dessen Außenzellen gegen die Basis differenziert (Blattquerschnitt
durch die Rippe !!) (Abb.42,44).
 |
Abb.44:
Tortula muralis: Rippenquerschnitt : 3 mediane Deuter, große
Begleitergruppe, unterseits ein mehrschichtiges Stereidenband. |
 |
Abb.45: Tortula
muralis: Ausschnitt der sehr kräftigen Rippe, auf der Bauchseite
dicht papillös, am Rücken glatt. |
Seta
1-2 cm, zuerst gelblich, unten rötlich, im Alter schmutzig rot, unten
rechts und oben links gedreht. Kapsel (Abb.32,31)
 |
Abb.31:
Tortula muralis: reife Sporophyten mit länglich zylindrischen
Kapseln, meist etwas gekrümmt, braunrot, zuletzt schwärzlich. |
 |
Abb.32: Tortula
muralis: Polster mit jungen heranwachsenden und reifen entleerten
Sporophyten. |
aufrecht,
länglich zylindrisch, meist etwas gekrümmt, braunrot, zuletzt
schwärzlich. Haube bis zur Urnenmitte reichend. Deckel meist ein
Drittel der Urne, schmal kegelig, Rand zackig. Zellen des Exotheciums
verlängert rectangulär, gegen die Mündung kurz. Peristomzähne
(Abb.47,48)
 |
Abb.47:
Tortula muralis: Sporenkapsel mit nach links gewundenen Peristomzähnen.
|
 |
Abb.48: Tortula
muralis: Fädige Peristomzähne 2-3mal nach links gedreht. |
2 –
3 mal links gewunden, Tubus des Peristoms 35 – 70 µ, Sporen
7 – 14 µ, glatt. Reifezeit April bis Mai. Vielgestaltiges,
formenreiches und kosmopolitisches Moos in sonniger, trockener Lage auf
Kalkstein, auf Mauern, Ziegel- und Schindeldächern.
Erklärungen
zu diagnostisch wichtigen Merkmalen Glashaare (Abb.4,7,9,24):
Blattrippen,
die in eine oft lange, durchsichtige Haarspitze austreten. Manchmal sind
nur Blattspitzen lang ausgezogen. Diese Spitzen verleihen den in Polstern
wachsenden Arten ein silbriges Aussehen und dienen als Isolationsschutz.
Die Zellen der Glashaare (hyaline Haare) und der hyalinen Blattspitzen
sind tot und haben farblose Membranen. Oft erreichen Glashaare eine bedeutende
Länge. Sie sind entweder glatt, gezähnt, gesägt oder papillös.
Xerophile Laubmoose bewohnen ausschließlich stark besonnte, trockene
Standorte, wie Felsen, Findlinge, Mauern, Heiden, nackte Erde und sind
daher oft der Gefahr völliger Austrocknung ausgesetzt. Manchmal ist
die Haarbildung so stark, dass die Polster dadurch ein graues Aussehen
erlangen. Die Glashaare können auch Wassertropfen auffangen, festhalten
und dem Moospolster zuleiten. Zentralstrang(Hadrom) (Abb.6,20,36):
Dient
der inneren Wasserleitung und besteht aus englumigen, verlängerten
Zellen mit schrägen Endwänden. Außer Wasser und Nährsalzen
können auch andere Baustoffe im Zentralstrang geleitet werden. Auch
für die Wasserspeicherung kommt der Zentralstrang in Betracht. Ihm
kann auch von den Blättern her im geringen Maß Wasser zugeführt
werden. Papillen (Abb.42,44,45,46):
Auswüchse
der Blattflächen, kurze, kegelförmige Ausstülpungen der
Oberhautzellen, Membranwarzen ohne hervortretenden Zellinnenraum. Sie
stellen einen außerordentlich wirksamen Kapillarapparat für
Wasser dar. P.G.Lorentz hat zuerst auf die Bedeutung einiger charakteristischer
Zellgruppen in den Blättern der Laubmoose, der sogenannten Deuter
und Begleiter, hingewiesen und deren systematischen hohen Wert erkannt.
In Verbindung mit anderen Zellgruppen, z.B. den epidermalen Rücken-und
Bauchzellen und den Stereidenbändern, geben die Deuter und Begleiter
vortreffliche Bestimmungsmerkmale ab (Abb.8, 8a,11, 25, 43).
Daher
sollte man nie die Mühe scheuen, sich an dünnen Querschnitten
über die Anatomie der Blätter Klarheit zu verschaffen. Die Deuter
durchziehen die Blattrippe in einer oder seltener in zwei Reihen. Meist
nehmen sie eine mittlere Lage ein; ist nur eine Reihe vorhanden, so sehen
wir sie nach der Blattoberseite verschoben. Die dem Stämmchen zugewandte
(adaxiale/ventrale), meist konkave Fläche ist die Oberseite, die
vom Stämmchen abgewandte (abaxiale/dorsale) meist konvexe, die Unterseite.
Die Deuterzellen fallen durch ihre Weitlumigkeit sofort auf, sie sind
von parenchymatischer Gestalt, ihre Membranen in der Regel schwach verdickt.
Die Massenanhäufung der Stereidenzellen dient nicht nur der mechanischen
Festigung, sondern zum Festhalten größerer Mengen Wasser, das
durch Quellung der Zellwände aufgenommen wird. Peristom (Mundbesatz)
: Einfacher oder doppelter Zahnkranz an der Mündung der Kapsel bei
Laubmoosen. Der Kranz des Peristoms ist oft (meist) 4-, 16- oder 32-zähnig.
Die Zähne (Abb.16,27,29,47,48)
 |
Abb.16:
G.pulvinata: Peristomzähne purpurn, papillös, an der Spitze
2-3 spaltig; Sporen 8-13µ, schwach punktiert. |
 |
Abb.27: Schistidium
apocarpum: Peristomzähne der Kapsel, rot, spreizend bis squarrös,
mit aufwärtsgebogenen Spitzen, im Uhrzeigersinn gekrümmt
,Kapsel derb, braun, weitmündig. |
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Abb.29: Schistidium
apocarpum: Peristomzähne breit lanzettlich, manchmal durchlöchert
und rissig, an der Spitz gespalten, purpurn , papillös. Sporen
8-15µ |
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Abb.47: Tortula
muralis: Sporenkapsel mit nach links gewundenen Peristomzähnen. |
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Abb.48: Tortula
muralis: Fädige Peristomzähne 2-3mal nach links gedreht. |
( meist
lanzettliche Form, Gestalt eines gleichschenkeligen Dreiecks) sind entweder
paarweise verbunden, einfach oder mehr oder weniger tief in zwei oder
drei Schenkel geteilt. Bei Schistidium apocarpum werden die Peristomzähne
(Abb.27)
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Abb.27:
Schistidium apocarpum: Peristomzähne der Kapsel, rot, spreizend
bis squarrös, mit aufwärtsgebogenen Spitzen, im Uhrzeigersinn
gekrümmt ,Kapsel derb, braun, weitmündig. |
sternförmig
ausgebreitet oder sogar zurückgeklappt und legen damit die gesamte
Kapselöffnung frei.
Im Teil 2 werden folgende Abschnitte
behandelt:
Der Generationswechsel der Moose
Wuchs- und Lebensformen, Lebensstrategien
Die Wasserversorgung
Isolationsschutz
Ausstreueung der Sporen von Laubmoosen mit Peristom
Moose sammeln und Anlegen eines Herbars
Literaturhinweise siehe 2.Teil
Verfasser:
Bruno Ortner
Pyrawang 44
A-4092 Esternberg
Österreich,
E-Mail: brunoortner@A1.net
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